Das Geheimnis der perfekten Online-Vorlesung

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Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg FAU Awards, Dies Academicus 29.10.2020 ©Giulia Iannicelli/FAU

„Eine perfekte Online-Vorlesung hält den Aufwand für die Lehrenden, den Nutzen für die Studierenden und die Nachhaltigkeit im Gleichgewicht“, verrät Prof. Dr. Dirk Holtbrügge. Dieses Rezept haben der Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Management und Laura Kirste, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl, aus ihrer Arbeit der letzten beiden Semester abgeleitet und das „magische Dreieck der Online-Vorlesung“ optimiert. Ausgangspunkt war ihre englischsprachige Vorlesung im Sommersemester 2020 „Managing Intercultural Relations“.

Zu Beginn des ersten Corona-Semesters musste auch diese Vorlesung kurzfristig digitalisiert werden. „Wir haben in der Vorlesung immer eine sehr diverse Gruppe von Teilnehmern: unterschiedliche Vorkenntnisse durch verschiedene Bachelorabschlüsse und kulturelle Differenzen. Durch Corona kam dann noch hinzu, dass viele unserer internationalen Studierenden gar nicht in Deutschland waren“, berichtet Laura Kirste. Unter anderem wegen der unterschiedlichen Zeitzonen war eine reine Live-Vorlesung schwer umzusetzen.

Beispiel einer abwechslungsreichen Online-Lehre: "Managing Intercultural Relations" aus dem Sommersemester 2020.
Die Vorlesung „Managing Intercultural Relations“ wurde im Sommersemester 2020 kurzfristig digitalisiert. (Foto: Laura Kirste)

Dirk Holtbrügge und Laura Kirste setzen darum auf eine Kombination von synchronen und asynchronen Methoden zur Wissensvermittlung: Experteninterviews zum Hören, PDFs und PowerPoint Präsentationen zum Lesen, Zoom-Runden zum Diskutieren und interaktive Whiteboards und kurze Animationsvideos zum Visualisieren. Neben der Vielfalt sei außerdem die technische Qualität des Materials wichtig, erklärt Dirk Holtbrügge. Als ersten Schritt hat der Lehrstuhl deshalb Kameras und Mikrofone angeschafft und ein kleines improvisiertes Tonstudio gebaut.

Nutzenorientiert ist Studi-orientiert

Der Nutzen der einzelnen Methoden richtet sich nach den Bedürfnissen der Studierenden. Bei der Gestaltung der Vorlesung haben Prof. Holtbrügge und Laura Kirste deshalb versucht, die Studierenden zuhause am Schreibtisch abzuholen. Dafür haben sie unterschiedliche Methoden kombiniert, um ihre Studierenden zum Mitmachen zu motivieren und ihnen sozialen Austausch zu ermöglichen.

Auf den sozialen Aspekt möchte Laura Kirste in Zukunft noch weiter eingehen, denn dafür bekam sie am meisten positive Rückmeldung. „Gerade für Erstsemester ist die Selbstorganisation und die Disziplin manchmal ein Problem, das wird durch Onlinekurse noch verstärkt. Deshalb haben wir die Vorlesungsmaterialen immer an einem festen Tag hochgeladen, Aufgabenlisten dazu verschickt und versucht, möglichst viel mit den Studis zu interagieren“, berichtet Laura Kirste.

Klasse statt Masse

Beispiel einer abwechslungsreichen Online-Lehre: "Managing Intercultural Relations" aus dem Sommersemester 2020.
Die Kombination unterschiedlicher Methoden steigert die Motivation der Studierenden und bietet Raum, die neuen Inhalten gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen zu reflektieren. (Foto: Laura Kirste)

„Natürlich ist ein vielfältiges, digitales Angebot wünschenswert, allerdings sollte man dabei den zeitlichen Aufwand im Auge behalten. Grundsätzlich würde ich dazu raten, lieber den Stoff zu kürzen und dafür die Inhalte abwechslungsreich aufzubereiten“, erklärt Prof. Holtbrügge. Der einmalige Mehraufwand lasse sich jedoch nicht mit der Vorbereitung einer analogen Vorlesung vergleichen. „Wir haben für die Veranstaltung im Sommersemester 2020 sehr viel Zeit investiert. Aber es hat sich gelohnt: In den kommenden Semestern können wir uns darauf konzentrieren, einzelne Aspekte weiterzuentwickeln, aktuelle Beispiele einzufügen und vor allem die interaktiven Elemente auszuweiten“, berichtet Laura Kirste.

Investition in die Zukunft

Beispiel einer abwechslungsreichen Online-Lehre: "Managing Intercultural Relations" aus dem Sommersemester 2020.
Die Veranstaltung zeichnet sich durch die Kombination unterschiedlicher Methoden aus, zum Beispiel PowerPoint-Folien mit Audiokommentar, Expertenvideos und Selbstlerntests. (Foto: Laura Kirste)

Hier zeigt sich der Aspekt der Nachhaltigkeit: Denn die Materialien wurden so gestaltet, dass leicht neue Informationen hinzugefügt werden können und sie so auch über die Jahre relevant bleiben. „Ich werde die Animationsvideos beispielsweise in Zukunft in analogen Vorlesungen verwenden, weil sie die Inhalte knapper und anschaulicher darstellen können“, berichtet Prof. Holtbrügge. „Die so gewonnene Zeit lässt sich dann viel sinnvoller zur kritischen Reflexion nutzen.“

Am Lehrstuhl für Internationales Management sind 2020 noch sechs weitere Vorlesungen mit ähnlichem Charakter entstanden. Insgesamt wurden so hunderte Stunden Audio- und Videomaterial, über 30 Videos mit Interviews von Praktikern und über 100 Selbstlerntests produziert.

Aber auch mit weniger Zeit und Kenntnissen lasse sich eine abwechslungsreiche und interaktive Veranstaltung planen, erklärt Laura Kirste. Dafür biete StudOn bereits viele Möglichkeiten wie Wissenstests, Abstimmungen oder Diskussionsforen, um Inhalte aufzulockern und zu reflektieren. „Ich kann außerdem jedem raten, sich frühzeitig kompetente Hilfe vom Institut für Lern-Innovation und dem StudOn-Team zu holen und sich mit anderen über erfolgreiche digitale Lehrmethoden auszutauschen, dafür gibt es an der WiSo zum Beispiel die Digitalisierungs-Community. Schließlich müssen wir das Rad ja auch nicht neu erfinden“.

Für ihre innovativen Ideen bei der Lehrveranstaltung „Managing Intercultural Relations“ ist Laura Kirste mit dem ALEX Preis für Digitale Lehre ausgezeichnet worden.

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